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Tajikistan

Einsamkeit und Ursprünglichkeit

12.08.

Voller Vorfreude starten wir in Richtung Grenze. Wir erwarten den kirgisischen Grenzposten in 20 Kilometern – weit gefehlt, nach etwa 1 Kilometer stehen wir am Schlagbaum. Die kirgisische Regierung hatte ein Einsehen mit ihren Zöllnern und verlegte den Posten hinunter auf eine Höhe von „nur“ 3200m.

Der Schlagbaum ist zu, alles scheint noch zu schlafen. Da es erst kurz nach 8 ist stellen wir uns auf ein bisschen warten ein. Wieder weit gefehlt: keine 3 Minuten später erscheint in der Türe eines Containers ein Grenzsoldat in Jogginghose und Adiletten und bedeutet uns den Schlagbaum zu öffnen und hindurch zu fahren. Dies tun wir natürlich, 2 Minuten Passkontrolle, Stempel und ein Anschiss, warum wir die Schranke hinter uns nicht wieder geschlossen haben später, stehen wir im Niemandsland zwischen Kirgistan und Tajikistan.

Bereits im Niemandsland beginnt die Landschaft sich zu ändern. Wir dringen in die erste Kette des Pamir ein.

Nach weiteren 20 Kilometern und 1000 Höhenmetern erreichen wir den auf 4200m gelegenen tajikischen Grenzposten. Die Herren hier sind etwas unfreundlicher, aber nicht weniger legere als ihre kirgisischen Kollegen. Im Bett sitzend werden unsere Pässe, Fahrzeugscheine und Einreisekarten in große Bücher eingetragen, wir müssen eine Gebühr für die Einfuhr der Fahrzeuge und die Nutzung der „Straßen“ berappen und nachdem wir mit einem tiefen Blick in die Augen gefragt wurden, ob wir Drogen mitführen, dürfen wir einreisen.

Nun sind es nur noch ein paar Kilometer bis in das Örtchen Karakul am Karakul See. Bei traumhaftem Wetter erreichen wir den Ort und fragen die erstbeste Dame, ob und wo wir unseren Müll entsorgen könnten. Sie antwortet in bestem deutsch und wir bekommen nicht nur unseren Müll los, sondern werden auch gleich zu Tee und frischem Brot eingeladen. Nachdem wir noch „schnell“ mit unserer „Werkstatt“ bei der Demontage einer Lichtmaschine halfen setzten wir unsere Reise nach etwa drei Stunden fort. 

Nach etwa 10 Kilometern verlassen wir den Pamir-Highway, um auf einer fraglich befahrbaren, aber angeblich wunderschönen Piste das Gebirge zu überqueren. Der Lonely Planet schreibt zu diesem Abschnitt: „As some Locals told us: The road to Kök Jar is fine but at the end oft he trip both the car and the driver will be destroyed.“

Frohen Mutes legen wir die ersten Kilometer schlechter, aber nicht katastrophaler Piste zurück, unterbrechen die Fahrt aber bald, um hier auf 4000m zu übernachten. Morgen ist ja auch noch ein Tag... und was für einer... Bei sternenklarem Himmel schlafen wir sanft ein und erwachen vollkommen überrascht in einer schneebedeckten Landschaft.

Wir verschieben die verabredete Abfahrt um eine Stunde, um dem Wetter noch eine Chance zu geben. Frau Holle nutz diese Chance auch und wir starten um 9 Uhr auf einer wieder fast schneefreien Piste. Bereits nach vielleicht drei Kilometern werden wir zu einer Jurte gewunken, wo man uns bereitwillig Auskunft über den Pistenzustand gibt. Der erste Teil soll fahrbar sein, der zweite heute vermutlich eher nicht, morgen dafür vielleicht... Wir entscheiden dennoch weiter zu fahren, umkehren kann man ja immer noch. Mit dem Anlassen der Motoren setzt aber auch wieder der Schnee ein und so unterbrechen wir die Fahrt für heute schon nach 10,8 Kilometern im Schneegestöber. Die Piste ist sehr schlecht und unter der Schneedecke kaum zu erkennen, das ist uns zu gefährlich.

Mal sehen was der morgige Tag so bringt. Unsere Tendenz ist eher umkehren, außer das Wetter ist wirklich perfekt

Ein Ergebnis des vorgestrigen Ruhenachmittags: Die Ersatzkanistertransportlösung für Uzbekistan. Die Dieselversorgung in Uzbekistan ist katastrophal, man bekommt Diesel eigentlich nur auf den Märkten in 1,5 und 5 Liter Flaschen. Mit diesen 2 Ersatzkanistern wollten wir uns ein paar mehr Kilometer Reichweite erkaufen. Sie halten gut, leider stellen wir am Abend aber fest, dass sie den Verbrauch derart in die Höhe treiben, dass wir sie sofort wieder demontieren...

17.08.

Wir haben unsere Tour durch die Täler des Murgab, des Kudara und des Bartang knapp, aber gut überstanden und befinden uns gerade in Chorog, der Hauptstadt Badachschans. Für 20 Somnoi (knapp 3€) sind wir auf dem Parkplatz des Serena Inn abgestiegen, es gehört dem Aga Khan und soll die beste Adresse am Platz sein. Wir stehen im wunderschönene Garten mit Blick über den Panj-River nach Afghanistan und genießen die Ruhe. Heute waren wir bereits auf dem afghanisch-tajikischen Bordermarket und ein bißchen in der Stadt einkaufen, den Nachmittag verbringen wir mit Bilder sortieren und Homepage aktualisieren... Mehr sollte es also schon morgen geben.

18.08.

Das Wetter am Morgen des 14.08. war perfekt, sodass wir entschieden unsere Fahrt durch die Berge fortzusetzen. Die Landschaft ist wirklich fantastisch! So ein Hochgebirge haben wir einfach noch nie gesehen geschweige denn bereist.

Die erste Hälfte der gut 300km langen Strecke ist, wie erwartet, vollkommen einsam. Wir passieren genau zwei Jurten. Dementsprechend ist auch die Piste: Vor vielen, vielen Jahren von den Sowjets angelegt wird sie einfach nicht mehr gepflegt. Wir durchfahren schmale Täler, mondartige Hochebenen, immer auf gut 4000m umringt von noch viel höheren Bergen. Wir reden uns ein, dass die zweite Hälfte der Strecke deutlich besser sein muss, da doch einige Dörfer entlang des Tales gelegen sind. Weit gefehlt, es bleibt katastrophal. Eng, extrem holprig, selten breiter als die Spur unseres Fahrzeuges und immer schön unbefestigt am Abgrund zum reißenden Fluss. Auch die Bergseite ist nicht viel besser, es wechseln sich Überhänge mit bröckeligen Felsnasen und riesigen Schutthalden, die beim Überfahren grollend nachrutschen, ab. Es gilt einige Flüsse zu furten und angsteinflößende Brücken zu überqueren. Den Höhepunkt bieten zwei Stellen, an denen die Straße einfach weggeschwemmt wurde und wir im Wasser entlang des tosenden Flusses einmal ca. 300 m und an der zweiten Stelle ca. 100 m zurücklegen müssen. Diese Stelle macht uns besonders viel Sorgen, erzählten uns doch ein paar Einheimische, dass etwas Flussaufwärts gerade letzte Woche ein Russenbus ins Wasser stürzte und vier der fünf Insassen dabei ums Leben kamen. Kurz vor dem ersten weggeschwemmten Straßenstück passieren wir das vollkommen deformierte Wrack des verunglückten Busses. Es sieht aus als wäre es in der Schrottpresse gewesen.

An der weggeschwemmten Stelle angekommen müssen wir feststellen, dass es eigentlich noch schlimmer aussieht als von den Einheimischen geschildert. Es ist 12 Uhr und wir entschließen uns den Nachmittag hier zu verbringen, ausführlich die Stelle zu inspizieren und dann am nächsten Morgen zu entscheiden ob wir es angehen oder umkehren. Wir haben ausreichend Diesel und Zeit um umzukehren, aber ziemlich wenig Lust die wunderschöne aber katastrophal zu fahrende Strecke zu wiederholen.

Am nächsten Morgen ist das Wasser zwar nicht wie gehofft gesunken, wir gehen die Stelle aber mehrmals im Wasser ab, legen eine Fahrspur fest und passieren dann vollkommen problemlos. Die übrigen 100 km bleiben schlimm, aber wir kommen ohne weitere Probleme voran.

Resümee:

Landschaftlich war die Strecke absolut fantastisch, von 4200m arbeiteten wir uns hinab auf knapp 2000m wir genossen atemberaubende Ausblicke, tolle Lichtstimmungen und kamen in den Genuss eine unberührte Bergwelt zu erleben, die Ihresgleichen sucht. Die verbreitete Aussage von Reisenden (Wanderern) und Reiseführern, dass dieses Stück Pamir die schönste Gegend Tajikistans sein soll stimmt wohl, ich glaube sogar sagen zu können es war das schönste Stück unserer Reise. Die wenigen Menschen, die wir unterwegs trafen waren unglaublich freundlich, überall wurden wir zu Tee und frischem Brot eingeladen und beinahe überall fand sich jemand, der zumindest ein paar Brocken Englisch sprach.

Dennoch waren wir alle vier uns einig, wir würden die Strecke kein zweites mal fahren und wenn man uns fragt ob sie befahrbar  sei muss man eigentlich ehrlich sein und verneinen. Nicht mit dem Auto! Mit leichten Crossmotorrädern oder zu Fuss sicher ein Genuss!

Und nun noch zurück zum Zitat des LP („As some Locals told us: The road to Kök Jar is fine but at the end oft he trip both the car and the driver will be destroyed.“): Zum Glück gab es keinen Schaden an den Fahrzeugen und auch weder die Fahrer noch die Beifahrerinnen trugen einen bleibenden Schaden davon. Dennoch gab es viele bange Momente und wir kamen ziemlich erschöpft in Khorog an. Gestern waren wir uns noch einig, dass auf unserer Reiseroute zumindest für die nächste Zeit alle „Ablängerungen“ über fraglich befahrbare Pisten gestrichen sind ... heute sieht das Leben schon ganz anders aus!

Asphalt zu sehen kann einem wirklich eine große Freude bereiten!!!
Asphalt zu sehen kann einem wirklich eine große Freude bereiten!!!

Menschen die wir unterwegs trafen

Nach zwei tollen Wochen mit unseren Schweizer Freunden Brigitta & Paul haben wir uns vorgestern wie geplant bei einem Abendessen verabschiedet und fahren von nun an wieder getrennte Wege. Es war wirklich eine sehr, sehr schöne gemeinsame Zeit, dennoch freuen wir uns auch sehr, wieder alleine zu reisen und unseren Tag ganz ohne „Rücksicht und Absprachen“ gestalten zu können.

 

17.08.

Der afghanisch-tajikische Grenzmarkt war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Nicht dass die Produkte irgendetwas Besonderes waren, es waren die Menschen und die Stimmung. Es kommen afghanische Händler und neugierige über die schmale Brücke und bieten ihre Waren auf einem kleinen Marktplatz feil. Die Stimmung ist trotz des allgegenwärtigen tajikischen und afghanischen Militärs gut und absolut entspannt. Die Menschen sind freundlich und offen und auch wenn es ein wenig naiv klingt, für uns ist es etwas ganz besonderes mit Afghanen in Kontakt zu kommen. Wir unterhalten uns mit vielen und haben ein besonders interessantes Gespräch mit einem etwa 30 Jährigen, der 1000 km Rüttelpiste durch Afghanistan gefahren ist, nur um den Markt, ein paar Touristen und Tajiken kennen zu lernen. Er hat als „Interpreter“ für das amerikanische Militär gearbeitet und erzählt viel Interessantes und noch mehr erschreckendes aus seinem Leben. Nocheinmal mehr würden wir liebend gerne den Wakhan-Korridor auf afghanischer Seite bereisen. Das Visum ist kein Problem und auch die Sicherheitslage in diesem Teil Afghanistans ist sehr gut – es gibt hier keine aktive Taliban. Leider scheitert es am tajikischen Visum, wir dürfen nur einmal ein- und wieder ausreisen...


So geht es also morgen wie geplant weiter, über den Pamir-Highway wollen wir bis nach Alicur fahren und von dort dann durch den Wakhan-Korridor zurück nach Khorog. Unser Ziel ist es am Samstag in Ishkashim anzukommen, da dort seit einer Woche der Grenzmarkt auch wieder geöffnet ist.

25.08.

Inzwischen sind wir in Dushanbe und stehen auf dem Parkplatz des neuesten 5-Sterne-Hotels der Stadt. Ja, Frechheit siegt. Wir waren einfach die Ersten, die fragten, ob wir auf ihrem Parkplatz stehen dürfen: Der Rezeptionist rief den Manager, der den Supervisor und der wiederum telefonierte kurz (vermutlich mit dem Agha Khan selbst, der ist nämlich mal wieder der Besitzer) und Schwups stehen wir mitten im Zentrum auf einem umzäunten und bewachten Platz. Man bot uns an gegen eine „kleine“ Gebühr den Poolbereich des Hotels nutzen zu können, 80€ waren uns aber für ein bisschen plantschen zu teuer.

 

 

Aber nun wieder mal von vorne:

Wir verließen Khorog auf dem Pamirhighway, der zunächst in ganz gutem Zustand war. Nach einigen Kilometern änderte sich dies aber rapide, aus mäßigem Asphalt wurde eine Piste aus asphaltumrahmten Schlaglöchern. Wirklich unangenehm zu fahren. Besonders die vielen LKW taten uns Leid. Der Pamir-Highway ist die Hauptverkehrsader zwischen China und Dushanbe, somit kommen alle chinesischen Güter auf diesem Weg. Unglaublich, dass diese Straße in einem solchen Zustand ist.

Wir unterbrachen unsere Fahrt am Yashilkul-See einem wunderschönen, blauen See inmitten der pamirischen Berglandschaft. Leider war es ziemlich bewölkt und diesig, sodass wir die Szenerie wenig genießen konnten.

Vom See brachte uns eine Piste, zwar deutlich weniger ausgebaut, aber dennoch um einiges angenehmer zu fahren als der Pamir-Highway, hinunter in den Wakhan-Korridor wo wir uns wieder in Richtung Westen wandten und immer entlang der afghanischen Grenze unsere Fahrt fortsetzten.

Die Landschaft hier ist wieder wirklich schön, man fährt auf schmaler Piste immer entlang eines reißenden Flusses, rechter Hand ragt der Pamir auf und auf der anderen Fluss Seite, also nie mehr als 100m entfernt, türmt sich der Hindukusch vor einem auf. Wir fahren vorbei an afghanischen Dörfern, die Menschen winken uns zu, wir sehen das Leben dort – irgendwie ein bizarres Gefühl, bestehen die Vorstellungen, die man von Afghanistan hat, doch eigentlich nur aus „Luftangriff und Taliban“...

 

In Ishkashim erfahren wir an drei unterschiedlichen Stellen, dass die Grenze gestern geschlossen wurde und somit auch der Crossborder-Market für die nächsten Wochen entfällt. Als Grund wird immer wieder eine Malaria-Epidemie genannt, ziemlich unglaubwürdig auf 3000m, in einem Gebiet in dem es einfach keine Malaria gibt...

 

Schade, aber so ist es! Wir fahren weiter bis nach Khorog, verbringen noch einmal eine Nacht im Garten des Serena Inn und treten dann erfrischt die Fahrt nach Dushanbe an. Es gibt zwei Routen, eine knapp 100km kürzere Nordroute und eine Südroute. Wir sind unentschlossen ob wir die längere aber schnellere Südroute, oder eben die kürzere Nordroute wählen sollen. Bis Kalaikum ist es die selbe Strasse, sodass wir die Entscheidung noch ein wenig aufschieben können. Die Strecke bis Kalaikum ist, wie so oft, wunderschön, aber die Straße katastrophal. Wir benötigen für 250km gut 9 Stunden. Unsere Entscheidung steht also fest, ab Kalaikum nehmen wir die längere aber vermeintlich bessere Südroute. Richtig entschieden! Die Strecke ist fast durchgehen asphaltiert und nur wenige, kleine Stücke sind verschüttet, abgerutscht oder löchrig. Wir schaffen die nächsten 350 km bis Dushanbe in knapp 7 Stunden und erreichen die Hauptstadt verschwitzt, aber entspannt bereits am Nachmittag. In den letzten beiden Tagen haben wir das Gebirge hinter uns gelassen und befinden uns nun auf nur noch 800m überm Meer in einem Glutofen mit gut 40° im Schatten. Daran sollten wir uns jetzt gewöhnen, mit nur noch einer kurzen Unterbrechung wird es jetzt bei diesem Klima bleiben.

 

Und wie immer führt uns der erste Gang durch eine große Stadt auf den Markt.

Hier der "Grünen Bazaar" in Dushanbe.

 

Dushanbe ist eine wirklich beindruckende und gleichzeitig beängstigende Stadt. Breite Straßen, riesige wunderschöne Plätze, teure Autos, Prachtbauten, zwei Präsidentenpaläste etc. Wenn man sich überlegt wie die Menschen auf dem Land bzw. in den Städten außerhalb der Hauptstadt leben, erscheint das alles hier in einem nicht ganz so glanzvollen Licht. Aber wenn man durch Zentralasien reist, wird einem diese Schere zwischen den Machthabern und den „echten“ Menschen leider sehr häufig vor Augen geführt. Ein Touristenguide in Chorog hat über den Mercedes G des Veranstalters gesagt: Unzuverlässiges Auto, aber die Drogenkriminellen aus Russland und die Regierungskriminellen in Zentralasien stehen halt drauf...

 

Am Rande:

 

Cola Dose aus Dushanbe: Das ist doch Farsi?!
Cola Dose aus Dushanbe: Das ist doch Farsi?!
Tatsächlich: abgefüllt in Kabul, Afghanistan. Das soll mal einer verstehen...
Tatsächlich: abgefüllt in Kabul, Afghanistan. Das soll mal einer verstehen...

 

Wir verbrachten einen ganzen Tag in Dushanbe, freuten uns dann aber auch sehr darauf den Abschluss Tajikistans nochmal in den Bergen verbringen zu können. Unsere Reise führte uns entlang des Zerafsantals an den Iskenderkul (See des Alexander) wo wir nochmal mit Grillen, Wandern und Abhängen die kühle Bergluft genossen.

 

Mit zwei kleinen Stopps in Istaravshan und der zweitgrößten Stadt des Landes Kujand ging es dann auch schon nach Uzbekistan.